UNFALLMANAGEMENT.
Was für Geschädigte im ersten Moment positiv klingt, nutzt vor allem den
Versicherern. Als Laie wird man dabei häufig finanziell über den Tisch gezogen.Der Ton wird schärfer: Schreibkosten von 88,40 DM für ein
Sachverständigengutachten bezeichnet ein namhafter Versicherer als Frechheit
und rechnet vor, dass eine Sekretärin für ein solches Allerwelts-Gutachten
höchstens 20 Minuten brauche. Dies ergibt einen Monatslohn von 50.388,16 DM. Damit
verdient die Sekretärin mehr als ein Bundeskanzler. Dass sie gegebenenfalls besser ist,
wird vorsorglich mit Nichtwissen bestritten.
Was auf den ersten Blick noch zum Schmunzeln reizt, hat einen
ernsten Hintergrund: Die Versicherer wollen Kosten sparen im Prinzip gut, aber
nicht um jeden Preis! Sie wollen bei Sachschäden Gutachter und Anwälte
(Versicherungs-Jargon: Wegelagerer) möglichst ausschalten und bieten dafür
ihr eigenes Schadensmanagement an.
Tatsächlich, da waren sich Richter, Rechtsanwälte und
Sachverständige auf der Expertentagung vom Deutschen Anwaltsverein (DAV) einig, geht es
um Schadenssteuerung und Manipulation des Geschädigten. Unter dem Slogan
Wir regeln alles schnell und problemlos für Sie" suggeriert der
Haftpflichtversicherer des Gegners dem neuerdings gern Schadenspartner oder
Schadenskunde genannten Geschädigten, man nehme sich all seiner Probleme an
löse sie. Natürlich in der Hoffnung, dass dieser so zufrieden gestellte
Schadenspartner später Kunde wird. Aber das ist längst nicht alles: Wer die
Regulierung positiv empfand, kommt nicht auf die Idee, dass er vielleicht mehr Ansprüche
hat. Weil er als Laie nur selten weiß, was ihm rechtlich alles zusteht. Die meisten
Versicherer aber zahlen nur, was explizit gefordert wird. Und mehr noch: Sie geben den
Geschädigten oft sehr massiv zu verstehen, dass nur dann schnell und problemlos reguliert
wird, wenn Sie keinen freien Sachverständigen und keinen Rechtsanwalt einschalten. Was
dabei herauskommen kann, zeigt folgender Fall: Der Gutachter der gegnerischen Versicherung
hatte einen Unfallschaden an einem Pkw auf 9.200 Mark geschätzt. Ein dank Anwalt
beauftragter unabhängiger Sachverständiger kam auf 15.500 Mark. Die tatsächliche
Reparatur-Rechnung betrug knapp 16.000 Mark. Bei fiktiver Abrechnung wären dem
Geschädigten 6.300 Mark zu wenig ausbezahlt worden!
Fazit der Tagung: Geschädigte dürfen sich nicht von
Beeinflussungs-Versuchen der Versicherer beeindrucken lassen! Im Gegenteil, sie müssen
mehr denn je auf ihr recht pochen, im Zweifel einen Rechtsanwalt und einen
Sachverständigen ihrer Wahl einschalten zu können. Vorteil für ADAC-Mitglieder: Sie
können sich an einen Vetragsanwalt wenden, eine erste Rechtsberatung ist im
Mitgliedsbeitrag enthalten.
Das wird um so wichtiger, da die Versicherer im September
beginnen, die Notrufsäulen an den Autobahnen auf ihre Call-Center zu schalten. Und jeder,
der sich dort meldet, kann in Kürze direkt mit einem Versicherer verbunden werden.
Club-Mitglieder können diesen Umweg leicht umgehen. Rufen Sie direkt beim ADAC an! Geht
es nicht anders als über die Notrufsäule, verlangen Sie bitte immer Ihren ADAC.
Quelle: ADAC Motorwelt 8/99 |